Geschichte der 7 künischen Dörfer (Teil 6)

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Die Zeit des Aufbruchs und der Blüte fand ein jähes Ende mit dem erstmaligen Auftreten des Schwarzen Todes. Über Handelswege aus dem Orient eingeschleppt, verbreitete sich die Pandemie von Italien bzw. Frankreich ausgehend in ganz Europa. Von 1347 bis 1353 forderte sie ca. 25 Millionen Todesopfer, 1/3 der europäischen Bevölkerung. Schätzungen auf Deutschland bezogen sprechen von ca. 10 Prozent. Am schwersten traf es blühende Städte wie z. B. Florenz, wo vier von fünf Bürgern starben. Einige wenige Gebiete (wie z. B. Teile Belgiens, Polens oder die Stadt Prag) blieben dagegen weitgehend unberührt.

Ärzte jener Tage konnten diese unbekannte Krankheit, das „große Sterben“ genannt, nicht zuordnen und auch nicht behandeln. Das Prinzip der Ansteckung von Mensch zu Mensch, geschweige denn von Tier zu Mensch, war unbekannt. Als wissenschaftliche Ursache wurde in der damaligen Zeit der „Pesthauch“ anerkannt, faulige Dämpfe aus dem Erdinneren oder über das Meer aus dem Osten herangeweht. Als andere Ursache galt die Brunnenvergiftung, die der jüdischen Mitbevölkerung angelastet wurde. Obwohl von der Obrigkeit nicht gut geheißen, kam es demzufolge immer wieder zu Judenverfolgungen. Verordnet wurde zumeist das Verbrennen von Kräutern. Ansonsten stand man dem Krankheitsverlauf machtlos gegenüber.

Auch in unserem Gebiet kann man davon ausgehen, dass etwa 1/3 der Bevölkerung der Pest zum Opfer fiel. Diese Tragödie hatte verschiedene Auswirkungen. Die Überlebenden waren traumatisiert, trauerten um verlorene Angehörige. Des weiteren fehlten Arbeitskräfte, um die aufblühende Infrastruktur aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen.

Für viele Zeitgenossen war das große Sterben eine Strafe Gottes. Durch eigenes Fehlverhalten schickte Gott seinen Zorn über die Menschheit. Bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts sind häretische Bewegungen wie die der Katharer und besonders der Waldenser in unserer Region verbürgt. Unterirdische Kammern und Gänge zeugen von geheimen Treffen, so z. B. unter dem Gasthaus Lichtenauer in Wollaberg. Von dort soll ein Fluchtweg nach Aßberg führen. Diesen Bewegungen trat das Bistum energisch mit den Mitteln der Inquisition entgegen. Mit Erfolg: Sie wurden ausgerottet.

Um 1348 traten nun die Flagellanten (Geißlerzüge) in Erscheinung. Diese Umzüge dienten der Buße und Umkehr, um der Strafe Gottes etwas entgegenzusetzen. Sie waren einer christlichen Laiengemeinschaft gleichsetzbar. Jedoch wurden sie mit gemischten Gefühlen gesehen: Von den einen verehrt, wurden sie von anderen als gotteslästerlich abgelehnt.

Ein Geißlerumzug dauerte 33 1⁄2 Tage, der Lebensjahre Jesu entnommen. Die Teilnehmer zogen von Ort zu Ort, der Einzug wurde von Kirchenglocken bekannt gegeben. Mit den mitgeführten Geißeln wurde zweimal am Tag nach einem bestimmten Ritus diese Selbstkasteiung durchgeführt. Man peitschte sich bis aufs Blut, ernsthafte Verletzungen sollten jedoch vermieden werden. Der Buße- und Sühnegedanke stand im Vordergrund. Schloss man sich keinem weiteren Geißlerzug an, kehrte man nach dieser Zeit in sein altes Leben zurück.

Bereiteten sich die einen auf einen plötzlichen Tod und das Leben im Jenseits durch religiöses Suchen vor, brachte die extreme Lebenssituation bei den anderen das genaue Gegenteil zutage. Sinnengenuss ohne Einschränkung wurde von denjenigen zelebriert, die in qualvoller Angst auf das eigene Sterben warteten und nicht wussten, wann es sie ereilen würde.